Moment Mal, wir sprechen hier von einem richtig guten Song und einer richtig guten Sängerin. Ann Sophie hat Stimme, eine sehr gute Bühnenpräsenz und ein gutes Körpergefühl. Sie hat auch ihren eigenen speziellen Stil.
Mich erinnert Ann Sophie irgendwie an Conchita Wurst, ohne Gender-Thema. Sie hat enorme Kraft (Einiges an Selbsteinsicht, viel Können und einen stabilen Hintergrund). Sie hat persönlichen Charme, Intelligenz und Eloquenz. Sie will unbedingt auf die Bühne, ohne bisher größeren Bekanntheitsgrad, und sie hat das Zeug dazu, sich zu präsentieren. Sie fordert sich enorm viel ab und arbeitet ständig an sich. Sie ist perfektionistisch. Sie ist authentisch und künstlich zugleich: Sehr viel von ihr selbst schimmert durch, aber sie übt eine bewusste Kontrolle über ihre Darstellung aus. Ann Sophie hat auch eine nette, lockere Art. Sie geht mit den anderen ESC-Teilnehmern in einen freundschaftlichen Kontakt, sie redet mit jedem, sie ist freundlich, macht aber keinen Seelenstriptease. Sie holt das Meiste aus dem ESC, und die paar Manierismen und den eckigen Kleidungsstil, an denen sich manche stören, wird sie auch noch rechtzeitig ausbügeln.
Soweit die Parallelen. Was Ann Sophie im Vergleich zu Conchita nicht hat, ist die mitreißende Story und die Botschaft. Was sie mitgemacht hat (und da gibt es anscheinend etwas, trotz des stabilen Hintergrundes) teilt sie aus verständlichen Gründen nicht mit der Öffentlichkeit, es folgte daraus ohnehin auch keine „neue“ Erkenntnis für die Menschheit, und sie würde uns vermutlich damit auch nicht so von den Socken hauen, wie die liebe Conchita es geschafft hat.
In diesem Aspekt ist Gleichstand mit 99% der ESC-‚Teilnehmer erreicht, und Ann-Sophie muss und wird mit ihrem Song und ihrer Darbietung punkten. Ich denke, sie wird im guten Mittelfeld landen. Schließlich hat sie bereits jetzt ihre Fans – in den Ländern, die ihr Punkte geben dürfen.
